Der Dandy ist ein Mann von einfacher, erlesener Eleganz, die stets eine bestimmte Geistes- und Lebenshaltung zum Ausdruck bringt. Er ist ein Gentleman, ausgezeichnet durch perfekte Manieren, unerschütterlich in allen Lebenslagen, geübt in zynisch-frivolem Konversationston und auf die Spitze getriebenem Selbstkult. Als passionierter Müßiggänger und notorische Spielernatur verachtet er die Arbeit. Gleichzeitig Solitär und Gesellschaftsmensch, benötigt er eine Bühne und ein Publikum, um seinen Selbstdarstellungstrieb zu befriedigen.

Der moderne Geist des Dandytums erschien zuerst in den revolutionären 1790er Jahren, in London und in Paris, wo er als politischer Protest gegen die Nivellierung egalitärer Prinzipien angesehen werden kann. Der Dandy blickte auf die adlige Welt und deren ästhetischen Werte zurück und versuchte, sie zu bewahren. Gleichzeitig erlaubte er sich Freiheiten, die in der Adelskultur nicht gestattet waren und eignete sich Verhaltensweise an, die erst im Zeitalter des bürgerlichen Individualismus teilweise gesellschaftsfähig wurden. Er beherrschte indes die Kunst zu gefallen, indem er nicht gefiel. Baudelaire fasst die Philosphie des Dandytums, wie folgt, zusammen: „Ob diese Männer sich Rafffinès, Incroyables, Beaux, Lions oder Dandies nennen, alle haben einen gemeinsamen Ursprung: allen eignet der gleiche Charakter des Widerspruchs und der Auflehnung; alle sind Vertreter dessen, was das beste am menschlichen Stolz ist, des bei den Heutigen allzu seltenen Bedürfnisses, die Trivialität zu bekämpfen und sie zu vernichten. Dem entspringt, bei den Dandies, diese hochmütige Attitüde einer herausfordernden Kaste, unbeschadet aller Kaltsinnigkeit.“

Dandy war stets „the Man of Fashion“. Das neue Körperbewusstsein, das sich durch die Beschäftigung mit antiker Plastik im 19 Jhdt. herausbildete, fand seine Umsetzung in der Schneiderei. Diese Einflüsse ließen den modernen Herrenanzug entstehen, der körpernah geschnitten die V-Silhouette des Mannes hervorhob, und der meist aus festem Stoff in gedeckten Farben bestand und bis heute besteht. Um besonders schlank zu erscheinen, zwängten sich die Dandys in mit Fischbein gestärkte Korsetts.

Andererseits war aber dieser Kult der Schönheit und der Eleganz und die angespannte Sorgfalt in der Auswahl der Toilettenartikel wahrscheinlich auch ein Symptom einer tieferliegenden Krise. Ekel vor einer Gesellschaft, die als arm und mittelmäßig wahrgenommen wurde, legte die Suche nach einem neuen Ideal nahe.

Charles Baudelaire, der später der „metaphysischen“ Phase des Dandytums angehörte, definiert den Dandy als denjenigen, der die Ästhetik zu einer lebendigen Religion erhebt, “ in bestimmter Hinsicht reicht das Dandytum nah an Spiritualität und Stoizismus heran. (…) Diese Wesen haben kein anderes Ideal, als die Pflege der Idee der Schönheit in ihrer eigenen Person und die Befriedigung ihrer Leidenschaften im Fühlen und Denken … Im Gegensatz zu dem, was viele gedankenlose Menschen zu glauben scheinen, ist Dandytum nicht einmal eine übermäßige Freude an Kleidung und Eleganz. Für den perfekten Dandy sind diese Dinge nicht mehr als ein Symbol der aristokratischen Überlegenheit seines Geistes. “
Berühmte Dandys waren: Beau Brummell, Charles Baudelaire, Lord Byron, der Fürst Hermann von Pückler-Muskau, Benjamin Disraeli, später auch die Vertreter des Ästhetizismus wie Ernst Jünger, Oscar Wilde, Aubrey Beardsley.

Auch wenn ein Revival des Dandys während unseres Shootings in einem süddeutschen Rokoko-Schloss (Fotografie: Ewald Vorberg) nicht unser bewusstes Vorhaben war, legen die Portraits des Schauspielers Nikolas Ruch diese Assoziation doch nahe. Das Korsett kann hier sowohl als Accessoire betrachtet werden, das die modische hourglass-Silhouette betont und eine aristokratische Haltung anzunehmen erlaubt, wie auch als ein Verstoß gegen die angewohnten Regeln…


Literatur:
Günter Erbe, „Der moderne Dandy“
Melanie Grundmann, „Dandiana“
Ein Kurzfilm von Beata Sievi dokumentiert das Fotoshooting 2013 von Ewald Vorberg mit Niko Ruch