Model Anna in vier verschiedenen historisch inspirierten Korsetts von Beata Sievi, Inhaberin des einzigen Korsett-Ateliers der Schweiz. Bilder: Ewald Vorberg
Vielen Menschen ist es heute gar nicht bewusst, wie vielfältig die Korsettformen in der Modegeschichte waren. Seit dem 16. Jh. bis ins 20. Jh hat sich das Ideal weiblicher Schönheit mehrmals geändert und demensprechend auch das Korsett. Recherchen zu diesem Thema bilden einen wesentlichen Teil meiner Arbeit. In der nur kurzen Zeitspanne von 1870 bis 1910 beobachten wir 12 verschiednen Schnittformen!
Zusammenstellung von Korsett Silhuetten in den jahren 1870 -1915
Nach 14 Jahren kontinuierlicher Auzseinandersetzung mit diesem spannenden Thema darf ich nun meiner Kundschaft alle historischen Korsettformen anbieten. Welche Form jeweils die beste ist, hängt von der Figur und den Vorlieben der Trägerin ab – wie die Bilder von Ewald Vorberg zeigen, hat jedes Korsett seinen grossen Reiz. Die Journalistin Katharina Baumann hat vor kurzem das Thema aufgenommen – den interessanten Artikel, der für einmal nicht nur die bekannten Klischees kolportiert, können Sie hier herunterladen: Ostschweiz am Sonntag über die Korsetts von Beata Sievi
„Die pure Verführung“ Artikel mit Bilder von Ewald Vorberg in der Ostschweiz am Sonntag
Beata Sievi, Inhaberin des Korsett-Ateliers „entre nous“ empfiehlt das Buch „Fashion and Eroticism“ von Valerie Steele
Das traditionelle Bild der viktorianischen Frau präsentiert sie als „in unbequemes Korsett eingeschnürt und prüde, ihre Kleidung – ein äußeres Zeichen für ihre sexuelle Unterdrückung und Ausbeutung“. Angeblich war es erst die Frauenbewegung und der Erste Weltkrieg, die dazu beitrugen, Frauen als befreite Individuen mit zwei Beinen anzusehen. Doch Valerie Steele zeigt, dass es die Erotik war, die die Grundlage für das viktorianische Ideal der weiblichen Schönheit und Mode bildete. Und im Allgemeinen, dass die Konzepte von Schönheit und Mode im Wesentlichen erotischer Natur sind. Die berühmte Modeforscherin zeigt, dass viktorianische Frauen, weit davon entfernt waren passive „Sex-Objekte“ zu sein. Genauso wie ihre modernen Pendants haben sie sich mit dem erotischen Ideal als einen Aspekt ihrer eigenen Selbstverwirklichung identifiziert. Auch das berüchtigte Korsett war weder fetischistisch noch eine ungesundes Folterinstrument, argumentiert sie, obwohl seine reichhaltige und ambivalente sexuelle Symbolik Kontroverse ausgelöst. „Fashion und Eroticism“ zeigt, wie sich der moderne New Look natürlich aus der Vorkriegs-Welt der Mode und nicht als Teil einer „antifashion“ oder Reform Bewegung entwickelte.
„Fashion and Eros“ – Anna in der Korsettkreation im Still des 19 Jh. von Beata Sievi, Bild: Beata Sievi
Steele Schlussfolgerungen basieren auf erstaunlichen Belegen, einschliesslich visuellen und materiellen Forschungen, in Kostüm-Sammlungen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Europa und Japan. „Fashion und Eroticism“ ist nicht nur eine radikale Revision des konventionellen Verständnisses der viktorianischen Mode, es ist ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Frauen und ihrer Sexualität.
„Fashion and Eros“ – Models Anna und Cindy in den historisch inspirierten Korsett-Kreationen von Beata Sievi, Bild Stanislav Kutac
„It seems far more likely that woman’s dress was intended to convey the impression of beauty. The fashion might have been at times uncomfortable or inconvinient, but it diverted attention from possible defiencies of nature, while drawing attention to attractive features, and ideally making the wearer look and feel pretty and charming. It hast been pointed out that „the mind may take pleasure in something which to the body is pain or at least an inconvenience. This is very different from saying that the mind takes pleasure in something because it is painfull.“
Valerie Steele, Fashion and Eroticism, New York, Oxford University Press 1985