Manchmal sind Künstler nach ihrem Auftritt so erschöpft, dass nur der unaufhörliche Applaus des Publikums sie zu einer Zugabe bewegen kann. Ähnlich erging es mir, als ich endgültig den Entschluss fasste, meine Laufbahn als Korsettdesignerin zu beenden. Doch dann trat ein leidenschaftlicher Korsettliebhaber in mein Leben, dessen unermüdliche Hingabe meine Pläne durchkreuzte und mich dazu brachte, ein letztes Meisterwerk zu vollenden.

Es war seine unerschütterliche Beharrlichkeit, die mich zutiefst berührte. Bereits vor vielen Jahren hatte er mein Atelier « entre nous» an der Obergasse in Winterthur besucht, doch damals konnte er sich eine Maßanfertigung nicht leisten. Im Jahr 2019 hatte er schließlich genug gespart, doch zu meinem großen Bedauern musste ich ihm absagen, da ich beruflich neue Wege einschlug. Das gelegentliche Unterrichten in der Korsettanfertigung war das Einzige, was ich in diesem Bereich noch leisten konnte. Ich riet ihm dennoch, sich jährlich bei mir zu erkundigen, wie es um meine Kapazitäten stand. Und das tat er auch.

Erst im Jahr 2023, als ich mich in meiner neuen beruflichen Rolle in der Arbeitsagogik gefestigt fühlte, erwachte in mir der Wunsch, mich in meiner freien Zeit erneut einer Korsett-Maßanfertigung zu widmen, und so nahm ich seinen Auftrag an. Kurz nachdem ich die Maße genommen hatte und wir uns über das Design des Korsetts einig geworden waren, wurde ich jedoch mit unvorhergesehenen familiären Herausforderungen konfrontiert, sodass ich erst im Frühjahr 2024 das Probemodell anfertigen konnte. Gerade noch rechtzeitig, zumal mein Kunde sich inzwischen entschlossen hatte, im Juni die Schweiz zu verlassen und in seine Heimat, Deutschland, zurückzukehren. Arbeit unter zeitlichem Druck war das Letzte, was ich mir wünschen konnte. Glücklicherweise konnte ich die Anfertigung des Probemodells und den gesamten Zuschnitt in meinem neu gegründeten Atelier „NähWerk“, das ich gerade für die Stiftung Wisli aufbaue, mit Hilfe einer begabten Programmteilnehmerin bewältigen, was mich erheblich entlastete.

Die Passform war bereits bei der ersten Anprobe nahezu perfekt, lediglich der Taillenumfang musste noch angepasst werden, da es sich um ein Tightlacing-Korsett handelte. Passend zum aktuellen Upcycling-Trend, dem ich mich auch in meinem Atelier bei der Stiftung Wisli widme, fertigte ich das Korsett aus gebrauchtem Jeansstoff an, den der Kunde selbst mitgebracht hatte.

Die Arbeit fiel mir nicht leicht, da ich an Schmerzen in der rechten Hand leide und den gesamten Prozess in kleinen Abschnitten durchführen musste. Doch die Freude des Kunden während unserer Besprechungen half mir, auf Kurs zu bleiben. Zwei Fehler brachten mich beinahe zur Verzweiflung: Als ich feststellte, dass die beiden Seitennähte mit unterschiedlichen Fäden abgesteppt waren – und dies erst, nachdem das Futter bereits eingesetzt war. Es waren zermürbende zwei Stunden, das Heraustrennen des Futters und die Korrektur der Seitennaht – nicht ohne die ständige Frage im Hinterkopf, warum ich diesem Auftrag zugestimmt hatte. Auch der Abschluss war nicht frei von Rückschlägen. Kurz nachdem ich dem Kunden meldete, dass sein Korsett fertig sei und wir einen Abholtermin vereinbart hatten, bemerkte ich, als ich das Korsett an die Büste hängte, dass das Rückeneinlage/Modesty Panel zu kurz geraten war. Es gab keinen anderen Ausweg, als ein neues anzufertigen.

Der Tag der Korsettübergabe war für mich seit jeher etwas Besonderes. Viele meiner Kunden habe ich fotografiert und dabei stets versucht, ihre Einzigartigkeit einzufangen. So feierten wir auch das Jeanskorsett – vielleicht unspektakulär für den unbeteiligten Betrachter, doch für mich, die den Kunden inzwischen kennengelernt hatte, war es perfekt zu ihm passend. Und nun bin ich zufrieden, aber auch erschöpft. Es gibt keine Zugabe mehr. Vorerst.

The Persistence of a Corset Enthusiast: The Final Custom Creation

Sometimes, artists are so exhausted after their performance that only the continuous applause of the audience can persuade them to give an encore. Similarly, I was ready to retire as a corset designer when a passionate enthusiast entered my life, disrupting my plans and inspiring me to complete one last masterpiece.

His unwavering persistence touched me deeply. He had visited my atelier years ago but couldn’t afford a custom piece then. In 2019, he finally saved enough, but by then, my career had taken a different path. Teaching sporadically was all I could manage in the field. Still, I encouraged him to check back annually.

It wasn’t until 2023, settled in a new role in vocational therapy, that I felt ready to take on his commission. However, unexpected family challenges delayed the project until spring 2024. With time pressure, the prototype and cutting were handled by a talented participant at my newly established workshop for the Wisli Foundation. Crafting the tightlacing corset from upcycled denim provided moments of satisfaction amidst hand pain. Despite setbacks in the seamwork and modesty panel, the final fitting delighted the customer, and documenting their unique journey through photography made the completion special. Now content yet fatigued, this marks the end of custom work for now.